Seit Ende 2024 bietet das zuvor brachliegende Grundstück Mainstraße 13 einen neuen städtischen Raum für soziale Interaktion im Einklang mit einer nachhaltigen und biodiversitätsfördernden Gestaltung. Die Maßnahme ergänzt die innerstädtische Achse zwischen dem Landungs- und Bahnhofsplatz und unterliegt aufgrund seiner Lage neben dem Rüsselsheimer Kulturzentrum „Das Rind“ einer stetigen Frequentierung.
Der entstandene Garten zeigt beispielhaft, wie eine harmonische Kombination von Altem und Neuem einen inspirierenden, umweltfreundlichen Ort schaffen kann. Als Modell für eine nachhaltige Landschaftsgestaltung lädt der Garten dazu ein, Ressourcen bewusster zu nutzen, indem Materialien wiederverwendet werden und die biologische Vielfalt gefördert wird.
Wiederverwendung von Bestandsmaterialien
Ein wesentlicher Aspekt des Bauvorhabens war die Einbeziehung der vorhandenen Materialien in die neue Gestaltung. So finden sich ursprünglich verbaute Holzmaterialien in der Verkleidung des Mauerwerks wieder. Alte Ziegelsteine und Dachpfannen dienen als Füllmaterial in Gabionenkörben, wo sie eine stabilisierende Funktion übernehmen und Höhenunterschiede abfangen. Die Schichtung innerhalb der Gabione ist zudem optisch ansprechend und spiegelt den historischen Charakter des Platzes wider. Des Weiteren wurden ehemalige Plattenbeläge und Einfassungssteine in die Gestaltung der Wege und Beetbegrenzungen integriert.
Das Ergebnis: Ressourcen einsparen und den charmanten, historischen Charakter des Areals beibehalten.
Förderung der Biodiversität
Ein weiterer wichtiger Aspekt der Planung war die Schaffung von Lebensräumen für Tiere und Pflanzen und somit die Förderung der Biodiversität. Neben einer entsprechenden Pflanzenauswahl und Vogelnisthilfen, wurden verschiedene Strukturen angelegt:
Totholz und Benjeshecke
Totholz - liegende und stehende Baumstämme, Äste und Wurzeln, die bereits abgestorben sind - bietet ein großes Lebensraumpotential für Vögel, Insekten und Kleinstsäuger sowie Mikroorganismen. Zusätzlich unterstützt Totholz durch eine Vielzahl von Mikrohabitatstrukturen die Biodiversität und somit die Artenvielfalt.
In dem Schaugarten findet Totholz in einer Benjeshecke – aufgeschichtete Äste und Zweige zwischen stabilen Holzpfosten – und danebenliegenden Stammhölzern, Verwendung. Alle Materialien sind „Abfallprodukte“, angefallen bei den Verkehrssicherungsmaßnahmen der Baumkontrollen des Städteservice Raunheim Rüsselsheim AöR. Beide Strukturen dienen als Rückzugsort für Insekten, Vögel und Kleinsäugern. Im Stammholz finden Insekten zudem ein zusätzliches Nahrungsangebot.
Trockenmauer und Gabionenfüllung
Weitere Elemente im Mustergarten sind die Trockenmauer, aus den beim Abbruch gewonnenen Bruchsteinen und die Gabionen, die mit Vorort vorhanden gewesenen Ziegelsteinen und Dachziegeln gefüllt wurden. Diese Strukturen wurden zum Abfangen des Höhenunterschiedes aufgrund ihres ökologischen Mehrwerts ausgewählt.
Alle genannten Elemente sind in Teilen mit Sedum bepflanzt und weisen zum Teil bewusst Hohlräume und offene Fugen auf, um so einen strukturreichen Lebensraum und Unterschlupf für Reptilien, Amphibien, Kleinsäuger, Hummeln und Wildbienen, sowie Insekten zu bieten. Zum Teil wurden Zwischenräume der gestapelten Dachziegel aber auch experimentell mit einer Mischung aus Bentonit und Miscanthushäcksel gefüllt, um so die Annahme von Insekten prüfen zu können.
Wildblumenwiese, Stauden, Sträucher und Gehölze
Bei der Pflanzung und Aussaat wurde Wert auf eine insektenfreundliche Artenauswahl gelegt (siehe beiliegende Pflanzenliste). Einige Pflanzen dienen zusätzlich als Vogelnährgehölz und bieten besonders in den Wintermonaten eine Nahrungsquelle. Neben diesen Eigenschaften kann eine Vielzahl als Naschpflanzen in Form von Früchten und Kräutern genutzt werden.
Andere Pflanzen bestechen durch ihren angenehmen Duft. Bei der Gestaltung wurde auf eine Vielzahl an Pflanzensorten geachtet. Gepflanzt wurde von daher eine Kombination aus Gehölzen, Sträuchern und Stauden. Zusätzlich wurden Blumenzwiebeln und -knollen gesetzt, um ab Februar ein frühes Nahrungsangebot für Insekten zu schaffen sowie eine gebietsheimische Blumenwiese eingesät.
Insbesondere die gebietsheimische Wiese ist von großer Bedeutung für die Förderung der Biodiversität. In den Sommermonaten bieten sich für Insekten Lebens- und Rückzugsräume sowie eine Fülle von Nahrungsquellen. Ein Teil der Insekten dort dient wiederum als Nahrung für regional vorkommende Vögel. Im Winter verlegt sich der Schwerpunkt der ehemals blühenden Nahrungsquelle auf den Lebensraum. Die vertrocknete, nicht gemähte Wiese bieten nun ein geschütztes Winterquartier für Wirbeltiere und Insekten, während die Samen der Pflanzen weiterhin Nahrungsquelle für Vögel sind.
Weitere Informationen
Fassaden- und Dachbegrünung
Im Garten stellen zwei nicht fruchtende Wilde Weine die Fassadenbegrünung dar. Zwischen drei Bestandspfosten der ehemaligen Überdachung kann dieser mit Hilfe einer Kletterhilfe die Wand begrünen und so zur Kühlung sowie zur Verbesserung der Luftqualität in der unmittelbaren Umgebung beitragen. Zusätzlich bieten die Pflanzen, nachdem Sie sich am Standort gut etabliert haben, Nistplätze für Vögel.
Ein Teil der Gabionenkörbe wurden mit einer extensiven Minidachbegrünung versehen.
Klimaschutz durch Pflanzenkohle
Nicht zu vergessen ist der Beitrag der Baumaßnahme zum Klimaschutz. Durch den Einsatz von zertifizierter Pflanzenkohle im verwendeten Substrat wurde aktiv CO₂ im Boden gebunden. Pflanzenkohle verbessert die biologischen, chemischen und physikalischen Eigenschaften des Substrates. Sie dient als Trägersubstanz zur Bindung von Flüssigkeiten und essentiellen Nährstoffen.
Durch die große spezifische Oberfläche stellt Pflanzenkohle ein dauerhaftes Habitat für bodenaufbauende Mikroorganismen und wertvolle Pilze wie Mykorrhiza dar. Die Pflanzen erhalten somit eine gute Grundlage für Ihr Wachstum. Insgesamt trägt der Garten somit nicht nur zur Biodiversität, sondern auch zur Reduzierung von Treibhausgasen bei.
Steckbrief
Gesamtkosten: rund 96.000 Euro (90 % werden über Fördermittel durch den 2ten Förderschritt des Landesprogrammes Zukunft Innenstadt des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen und ländlichen Raum bezahlt)
Zeitplan:
- Ausführung: September bis November
- Eröffnung: Dezember 2024
Bilder der Arbeiten
Bereich Grünplanung
Adresse
Mainzer Straße 7
65428 Rüsselsheim am Main
Öffnungszeiten
Montag 08:00 - 12:00 Uhr
Dienstag 08:00 - 12:00 Uhr
Mittwoch geschlossen
Donnerstag 16:00 - 18:00 Uhr
Freitag geschlossen