Es ist ein Novum in der Geschichte des Förderstipendiums Kultur der Stadt Rüsselsheim am Main, das Bürgermeister und Kulturdezernent Dennis Grieser verkündet: „Das Ende 2023 ausgeschriebene Stipendium geht nicht wie üblich an einen, sondern diesmal an zwei Preisträger*innen: Lisa Rost und Yannick Pfeifer“.
Eine Jury aus Vertreter*innen der Fraktionen sowie Kulturpreisträger*innen und Förderstipendiat*innen kürte in einer Sitzung am 27. März die beiden Nachwuchskünstler*innen. In einer über vierstündigen Sitzung hatten sich junge Talente der Jury vorgestellt. „Das hohe Maß an Qualität der diesjährigen Bewerbungen beeindruckte die Jury, der es in diesem Jahr nicht leichtfiel, eine Wahl zu treffen“, erläutert Bürgermeister Grieser. „Letztlich entschied die Jury einmütig, aufgrund der gleichwertigen Qualität zweier Bewerbungen in diesem Jahr zwei Kandidat*innen auszuzeichnen, da von beiden jungen Menschen hervorragende Ergebnisse in der Zukunft zu erwarten sind: Lisa Rost und Yannick Pfeifer teilen sich damit den Stipendiumsbetrag in diesem Jahr.“
Beide Preisträger*innen sind in der Stadt alles andere als unbekannt und wussten die Jury durch ihr langjähriges und vielseitiges kulturelles Engagement zu überzeugen.
Die 22-Jährige Lisa Rost ist vor allem im Bereich Graphikdesign und Druckkunst tätig. Die eigene Formsprache ihrer Gestaltungen von Logos, Plakaten, Flyern und Merchandise sind von Veranstaltungen im Rollwerk, Rind und dem Skatejam „Rollrausch“ bekannt. Auch das visuelle Erscheinungsbild des „Bel R! Festivals“ hat sie mit dem Logo- und Plakatdesign maßgeblich geprägt. Vor kurzem hat Lisa Rost nach bestandener Aufnahmeprüfung ein Studium im Fach Kommunikationsdesign an der Hochschule Mainz aufgenommen, in welchem sie ihre Fähigkeiten erweitern und vertiefen wird. In Rüsselsheim war die vielseitige Künstlerin zudem als Bildende Künstlerin, Fotografin und Kuratorin von Ausstellungen tätig. Ihre ausdrucksstarken und bildgewaltigen Werke, die sich häufig politisch mit den Themen Frauenrechte und seelische Gesundheit beschäftigen, waren zuletzt im Theater Rüsselsheim sowie im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Kunstraum“ im Rollwerk zu sehen, wo sie mit ihrer Schwester Julia Rost eine Doppelausstellung zeigte. Gemeinsam mit ihrer Schwester wird sie im Sommer 2024 auch in das offene Atelier der Stadt Rüsselsheim am Main, „freiraum f3“, einziehen. In ihrer zweimonatigen Residenz werden die beiden Künstlerinnen mit verschiedenen Medien und Formaten experimentieren (Fotografie, Malerei, Tattoos und Musik), eingeklammert von dem Leitthema „Female Rage“, das sich mit der Zuschreibung von Geschlechterrollen an Frauen in Geschichte und Gegenwart beschäftigt.
Der 24-jähigre Yannick Pfeifer ist als Maler, Performancekünstler und Kunstvermittler aktiv. Erste Projekte mit seiner Beteiligung entstanden ab 2020 in den Kunstkollektiven „The Arts Club“ mit Lisa Rost sowie „Club d'art percevant" mit Kevin Knöss und Dennis Albrecht. Mit diesen Kollektiven bezog er wiederholt das Atelier „freiraum f3“, wo er vor allem an großformatigen Gemälden arbeitete. Als Student der Ingenieurswissenschaften verstand Pfeifer es zudem immer wieder, Kunst und handwerkliche Konstruktionen in Projektarbeiten zu verbinden, etwa beim Bau von Skate-Obstacles oder beim Bau einer überdachten Sitzbank mit Photovoltaik-Dach für den Skatepark. Seit 2022 ist Pfeifer zudem als freier Mitarbeiter im Vermittlungsteam der Kunst- und Kulturstiftung Opelvillen tätig, eine Aufgabe, die er auch beim „Kunstverein Familie Montez“ in Frankfurt wahrnimmt. Seinen künstlerischen Schwerpunkt sieht Pfeifer nach wie vor in der Malerei und Performancekunst. Das machte er auch im Rahmen des ersten Bel R!-Festivals deutlich, zu dessen Gründungs- und Organisationsteam Pfeifer gehört. Neben einer eigenen medienkritischen Kunstaktion am Löwenplatz betreute er das Performanceprogramm des Festivals und kuratierte eine Ausstellung von Werken regionaler Nachwuchskünstler*innen, die in Geschäften in der Rüsselsheimer Innenstadt gezeigt wurden. Seit kurzem teilt er sich mit zwei weiteren Künstlern ein Atelier im Opel-Altwerk und bereitet sich dort auf sein anstehendes Kunststudium vor.
„Rüsselsheim kann sich glücklich schätzen, so vielseitig begabte und engagierte Künstler*innen in dieser Stadt zu wissen“, fasst Bürgermeister Grieser das Votum der Jury zusammen. „Die beiden ausgezeichneten Stipendiat*innen sowie alle weiteren Bewerbungen machen deutlich, wie viel kreatives Potential in der jungen Szene unserer Stadt steckt. Es ist eine Szene, die sich einmischt und diese Stadt aktiv mitgestaltet“. Das habe auch das Bewerbungsfeld in dieser Ausschreibung des Stipendiums deutlich gemacht, wie Grieser betont: „Neben den seit vielen Jahren engagierten und bewährten Kulturinstitutionen wie der Musikschule bieten nicht zuletzt neue Einrichtungen wie das Rollwerk, der freiraum f3, die Kunstraum-Reihe und das Bel R! Festival eine Plattform für Nachwuchskünstler*innen, die hier die Möglichkeit haben, etwas auszuprobieren und sich einzumischen. Das ist gut für Rüsselsheim und eine tolle Entwicklung unserer Kulturszene.“
Die offizielle Vergabe des Förderstipendiums an Yannick Pfeifer und Lisa Rost erfolgt im Rahmen einer Feierstunde im Sommer, zu der die beiden Künstler*innen einladen werden.
Das Förderstipendium Kultur wird jährlich vergeben. Nach einer Reform der Vergaberichtlinien 2023 wurde der monatliche Betrag, den die Stipendiat*innen für 12 Monate erhalten, an den BAföG-Höchstsatz angepasst. Zudem werden Mittel für ein Projekt im Rahmen des Stipendiums bereitgestellt, mit dem sich die Preisträger*innen am öffentlichen kulturellen Leben in Rüsselsheim am Main beteiligen.
Letzte Förderstipendiatin war die Malerin Daria Kolesnyk, die die Ergebnisse ihrer aktuellen Arbeiten zuletzt im Dezember 2023 im Atelier freiraum f3 zeigte. Für 2024 ist nach der Genehmigung des diesjährigen Haushalts eine weitere Ausschreibung des Förderstipendiums vorgesehen. Die Ausschreibung wird rechtzeitig bekannt gegeben.