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Leuchtende Vorbilder

Julius Simon, 1902 – 1971

Porträtzeichnung von Julius Simon
Porträtzeichnung von Julius Simon

Vorgeschlagen von ...

Dr. Franz Horvath, eingereicht als ein Gemeinschaftsvorschlag (2019):

Dr. Julius Simon: Pädagoge, Schulleiter, engagierter Demokrat

Dr. Julius Simon (1902-1971) lebte, handelte und wirkte zwischen 1933 und 1971 als Pädagoge in und für Rüsselsheim. Er war seit 1933 Lehrer an der Realschule, dem Vorläufer der heutigen IKS. Sein Handeln ist beispielhaft, weil er sich in innerer Gegnerschaft zum „Dritten Reich“ befand. In seiner Dissertation (1937) und als Pädagoge betonte er Werte, die den Prinzipien der NS-Ideologie widersprachen (Individualismus, Freiheit des Einzelnen gegenüber dem Staat, Menschenwürde). Daher verlief seine Schullaufbahn im „Dritten Reich“ stockend, im Kollegium war er zu Kriegszeiten Anfeindungen ausgesetzt. Im Februar 1945 versteckte er in seinem Odenwälder Haus mehrere Tage lang seinen ehemaligen Schüler und den angehenden Maler Diether Ritzert, den er somit womöglich davor rettete, in den letzten Kriegstagen als Kanonenfutter verheizt zu werden. Damit bewies er Zivilcourage im „Dritten Reich“.

In seinem gesellschaftlichen Wirken setzte sich Dr. Simon nicht nur für den Ausbau seiner Schule, der IKS, ein. Auf ihn geht auch der heutige Name der Schule zurück, denn er schlug 1956 den Namen Immanuel-Kant vor. Die Namenswahl bezweckte die Vergegenwärtigung aufklärerischen Gedankenguts nach den Schrecken der Nazizeit. Diesen Schrecken setzte er in seiner pädagogischen Arbeit ein humanistisches Gedankengut entgegen, das sich an den Prinzipien der Vernunft, Menschenwürde und Menschlichkeit orientierte. Dr. Simon legte sein Augenmerk auf die Integration der aus dem Osten vertriebenen Jugendlichen und setzte sich für sie ein. Er forderte und förderte öffentlich den Bau der Max-Planck-Schule, weil er Rüsselsheims Schullandschaft stärken wollte. Wissenschaftlich befasste er sich mit der Baugeschichte seines Geburtsortes und den Straßennamen Rüsselsheims.

Alle Zeitzeugen beschreiben ihn als einen humanistischen, warmherzigen und ethisch motivierten Pädagogen. Er war „der gütigste Lehrer, den ich hatte“ erinnert sich heute noch Klaus Dischinger, Abiturjahrgang 1952. Besonderen Eindruck machten auf seine Schüler zudem sein wacher Verstand und seine unbestechliche Urteilskraft. Die Teilnehmer einer Gesprächsrunde über die Geschichte der Immanuel-Kant-Schule am 11. Februar 2016 sprachen gar vom „Mythos Dr. Simon“. Das brachte der bekannte Schauspieler Walter Renneisen auf den Punkt: „Philosoph, menschlich einwandfrei, ein großer Pädagoge“.

Die von ihm gelehrten und gelebten Werte gelten uneingeschränkt auch in einer Demokratie des 21. Jahrhunderts. Sie beweisen, wie zeitgemäß und nachahmenswert das Denken und das Verhalten von Dr. Simon heute noch sind.

Dr. Brigitte Denk, 2019: „Herrn Dr. Simon schwebte nach dem Zweiten Weltkrieg eine friedlichere, humanere Gesellschaft vor. Dafür setzte er sich als Lehrer und Erzieher engagiert ein. Seine Version war, die Schüler*innen im Sinne des großen deutschen Philosophen Kant nach moralischen Lebensgrundregeln zu bilden. Diese sollten seine Schüler*innen so verinnerlichen, dass auch sie nach diesen Regeln denken und handeln. Denn ein Leben nach moralischen Grundsätzen verbessert die zwischenmenschlichen Beziehungen, die Gesellschaft wird dadurch ausgewogener und jeder kann in ihr ein erfüllteres, freieres und zufriedeneres Leben führen. Alle, die den Sinn dieser Erziehung aufgenommen und in seiner Bedeutung verstanden haben, waren ihm dafür dankbar.

Mit der Herausgabe der Jahresberichte des Realgymnasiums Rüsselsheim / der Immanuel Kant-Schule, Gymnasium  Rüsselsheim, dokumentierte Dr. Simon das Leben des von ihm geleiteten Gymnasiums in den Jahren direkt nach dem Zweiten Weltkrieg. Im Bericht über das Schuljahr 1951/52 ist ein Gedenkblatt, in dem die aus dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr zurückgekehrten Abiturienten der Jahrgänge 1939 bis 1943 namentlich aufgeführt sind. Es schließt mit den Worten von Dr. Simon: ‚Unser Volk verlor in ihnen wertvolle, hoffnungsfrohe Menschen. Da sie alle meine Schüler waren, gedenke ich ihrer mit besonderer Trauer im Herzen.“

Waltraud Quick (2010):

„Dr. Julius Simon wurde am 25. März 1902 in Unter-Schönmattenwang, heute zu Waldmichelbach/Odenwald gehörend, als Sohn eines Weißbindermeisters geboren. Nach dem Besuch der Volksschule im Dorf gelang es ihm 1923 die Lehrerausbildung mit dem ersten Staatsexamen in Bensheim/Bergstraße erfolgreich zu beenden. Nach einigen Jahren als Lehrer an verschiedenen hessischen Volksschulen studierte er zusätzlich in Heidelberg, Frankfurt a.M. und Gießen, um 1931 die wissenschaftliche Prüfung für das höhere Lehramt abzulegen. Mit der Lehrbefähigung für Englisch, Deutsch und Philosophie trat er am 1.9.1933 seinen Dienst an der ehemaligen Realschule in Rüsselsheim an. Am 26.5.1937 wurde ihm in Gießen der Titel des Dr. phil. Zuerkannt. Als im Herbst 1945 der Schulunterricht im durch den Krieg schwer geschädigten Rüsselsheim wieder aufgenommen wurde, ernannte man Dr. J. Simon zum kommissarisch stellvertretenden Leiter des Realgymnasiums, das im März 1947 wieder als ‚Vollanstalt‘ mit der Bezeichnung ‚Realgymnasium für Jungen‘ ausgewiesen wurde.

Am 1.9.1949 erfolgt die Ernennung von Dr. Simon zum Oberstudiendirektor und damit zum Leiter dieser Schule. Der spätere Kreisbeigeordnete F. Skala dokumentierte: ‚Mit Dr. Julius Simon als neuem Schulleiter kommt das ‚Realgymnasium für Jungen‘, dessen Schülerschaft von Anfang an zu einem Drittel von Mädchen gestellt wird, in ruhigere Gewässer. Die Schule entwickelt sich, dem Wachstumstrend der Stadt folgend, zu einer renommierten Lehranstalt, in der, vom Leiter beschworen und durch die spätere Namensgebung fixiert, der Geist des großen Königsberger Philosophen Immanuel Kant waltet.‘ Am 1.6.1956 erhält das bisherige Realgymnasium den Namen Immanuel Kants, vor allem auf Wunsch des Direktors. Das seit 1952 angegliederte ‚Pädagogische Anstaltsseminar‘ zur Ausbildung von Referendaren leitet auch Dr. Julius Simon. Seine Unterrichtsverpflichtungen neben der Schulleitung nimmt er als Philosophielehrer in der Oberprima wahr. Den Bau eines 2. Gymnasiums in Rüsselsheim, des 1961 eingeweihten Max-Planck-Gymnasiums, hat Dr. Simon ebenso beharrlich gefordert, wie den in der 2. Hälfte der 1960er Jahre erfolgten Neubau für das I.-Kant-Gymnasium am Evreuxring.

Als er mit 65 Jahren im Juli 1967 in den Ruhestand verabschiedet wurde, waren folgende Dankesworte in der Schülerzeitung ‚der rüssel‘ zu lesen: ‚Ich glaube, im Namen aller Schüler zu sprechen, wenn ich nun sage, dass wir immer eine tiefe Verehrung für Ihr Wirken und Ihre Person empfinden werden. Sie haben es sich zur Aufgabe gemacht, der Jugend einen Weg in die Zukunft zu weisen, und man darf sagen, daß Sie diese Aufgabe erfüllt haben. Möge Ihre Weltanschauung und Ihr Geist, auch wenn wir nun bald umziehen, weiterleben.‘ Leider starb Dr. Julius Simon noch  bevor er 69 Jahre alt werden durfte am 10. März 1971. Sein Grab ist heute noch auf dem Rüsselsheimer Waldfriedhof zu finden. Viele Jahre hatte er mit seiner kranken ersten Frau im eigenen Haus im Stadtteil Ramsee gelebt. Nach deren Tod heiratete er seine ebenfalls verwitwete zweite Frau Erna, die Kinder mit in diese Ehe brachte. Dr. Simon gehört zu jenen Rüsselsheimern, die mitten im Odenwald aufgewachsen waren, um sich nach dem Abschluss der Dorfschule weiter zu qualifizieren. So konnte er die Position des Schulleiters eines sich weiterentwickelnden Gymnasiums in Rüsselsheim in hervorragender Weise ausfüllen. Wie sehr viele seiner Schüler habe ich ihn als guten Pädagogen und wahren Freund der ihm anvertrauten jungen Menschen kennen gelernt und schlage ihn deshalb als ‚Leuchtendes Vorbild‘ vor.“

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