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Leuchtende Vorbilder

Wilhelmine von Verna, 1803 – 1878

Porträtzeichnung von Wilhelmine Verna
Porträtzeichnung von Wilhelmine Verna

Vorgeschlagen von ...

Hero Heiland (2001):

„Historisch betrachtet beginnt das Register bedeutender Personen ja eigentlich mit ‚Rucilin‘. Doch diese Person, sofern sie überhaupt existiert hat, ist mir zu unscharf und legendär. Als nächstes kommt das Geschlecht derer von Katzenelnbogen mit speziellen Vertretern zwischen 1399 und 1479. Diese sind für Rüsselsheim durch den Beginn einer wehrhaften Bebauung an der Furt und die planmäßige Umquartierung der Bauern in eine für jene Zeit einmalige, planmäßige, rechtwinkelige, fast städtische Neusiedlung an der Flußlände von ausschlaggebender Bedeutung. Unter der Initiative der Landgrafen und den späteren Großherzögen von Hessen hat sich, abgesehen vom Ausbau der Festung in der Mitte des 16. Jahrhunderts, nichts ereignet, was von entwicklungsrelevanter Bedeutung wäre. In der Besitznachfolge des großherzlichen Landgutes ereignete sich dann jedoch im 19. Jahrhundert vor dem Auftreten Adam Opels etwas von bleibender Wirkung für die Altstadt. Ab etwa 1850 hat die Witwe des Erwerbers, des Freiherren von Verna, durch den Bau des Palais Verna und den englischen Garten eine Leistung vollbracht, die sich auf Dauer für Rüsselsheim segensreich auswirkt. Ohne diese sozial-kulturelle Oase würden heute zwischen Schäfergasse und Ludwig-Dörfler-Allee auf ehemals landwirtschaftlicher, wohl vorwiegend mit Reben bestandener Fläche Villen von Rüsselsheimer Unternehmern und Werksdirektoren der Firma Opel stehen, die statt dessen verteilt am Rande der Altstadt ihren Platz gefunden haben. Die Leistung dieser Frau ist meiner Meinung nach zwar noch nach jener der Familie Opel aber unmittelbar vor z.B. der Familie Hessemer in ihrer Bedeutung für die Stadt anzusetzen. Im Übrigen sollte dieser Frau zusätzlich deutlicher als bisher durch eine Büste und einen kleinen Brunnen am Friedensplatz in Form eines neu gestalteten Einganges zum Stadtpark gedacht werden. Nebenbei kann Bürgermeister Treber, der nach meiner Kenntnis weitsichtige Erwerber von Stadtpark und Villa, Erwähnung finden.“


2019:

„Vor Jahren habe ich Wilhelmine Freifrau von Verna als Leuchtendes Vorbild vorgeschlagen. Ich habe sie in meiner gerade fertiggestellten „Geschichte von Rüsselsheim im Kulturraum Main-Spitze, vom Weiler zum Dorf zur Wohnstadt, seit 1600 bzw. 900 Jahren am Main“ ausführlicher erwähnt. Es ist mir bekannt, dass zwischenzeitlich über sie geforscht wurde. Die Erkenntnisse sollte man hinzuziehen. Ich bitte Sie, die nachfolgende Darstellung meinem Antrag beizufügen und Wilhelmine von Verna in die Beratungen und Entscheidung eines Leuchtenden Vorbildes 2019 einzubeziehen. Nach Aufgabe des Amtes Rüsselsheim 1821 erwarb der Präsident des Hessischen Finanzministeriums das Anwesen. Wer es sich leisten konnte, zog aus dem Kloakenmief der Städte aufs Land hinaus. 1839 veräußerte er es an den Freiherren Ludwig von Verna, Kammerherr des Großherzogs. Schon 1843 kam dieser aber durch einen Reitunfall zu Tode. Seine Witwe, Wilhelmine (1803 – 1878), kam aus einer durch Bergbau sehr begüterten Unternehmerfamilie, z.B. Kalkgruben in Flörsheim. Das junge Paar kaufte umliegende Ländereien hinzu. Nach Umbau des Amtshauses bis 1852 zu einem dreigeschossigen klassizistischen Adelspalais ließ die junge Baronin den heutigen Stadtpark 1850 – 1865 auf einer Fläche von 61ha (0,61 qkm) als englischen Garten mit exotischen Bäumen, künstlichen Landschaften und Blickpunkten auf romantische Ruinen gestalten. Ohne diese Tat und den Erwerb ihrer Hinterlassenschaften durch die Gemeinde unter Bürgermeister Treber stünden dort heute Direktorenvillen. 1858 pachtete sie die Festungsruine, um deren Reste zu sichern. Remisen und Pferdeställe hinter der Außenmauer des Nordostflügels fehlten vermutlich seit 1689. 1870 öffnete sie die Festung als Lazarett. Ein Hilfskomitee verteilte Gelder an Soldatenfrauen und Ortsarme. 1879 vermachte sie posthum der Gemeinde 3000 Gulden. Erstmals in der 1.400-jährigen Geschichte unseres Ortes erreichten Wohltaten, die bis heute wirken, die Einwohner. Dem jungen Adam Opel schenkte Wilhelmine von Verna ein Stipendium für den Aufenthalt in Paris in Anerkennung eines besonders schönen schmiedeeisernen Gitters. Dies war der empathische Grundstein für den industriellen Aufstieg von Rüsselsheim. Doch kaum ein alter Rüsselsheimer hat im Trubel des ungewohnten wirtschaftlichen Aufschwunges und der Übermacht der vielen Neubürger die Erinnerungen daran bewahrt oder gar weitergegeben. Es ist also an der Zeit, dieser Frau ein Denkmal zu setzen.“

Marianne Fautz (2004):

„Nach dem tödlichen Unfalltod des Freiherrn von Verna 1843 war Wilhelmine Freifrau von Verna alleinige Besitzerin des Palais Verna.Sie ließ nach vorhandenen Plänen die Anlage des Parks mit den künstlichen Ruinen, Mühle, Tempelringhalle, kleine hölzerne Kapelle usw. vollenden sowie das frühere Amtshaus aufstocken. Die Zeit, als Rüsselsheim durch die Familie von Verna und Seckendorff-Verna geprägt wurde, ist ein unverzichtbarer wie bestimmender Faktor der Ortsgeschichte. Sie erhält sogar einen wichtigen aktuellen wirtschafts- und sozialgeschichtlichen Bezug durch das Mäzenatentum der Familie. Denn Wilhelmine von Verna unterstützte den bei ihr durch den Auftrag der Gestaltung eines neuen Parktores beschäftigten Schlosser Adam Opel, nach Frankreich zu reisen, um sich dort während seines Aufenthaltes über die damaligen Fortschritte der Feinmechanik , den aktuellen Stand der Technik zu informieren, Kenntnisse zu erwerben und diese schließlich mit fertigen Plänen nach Rüsselsheim nach Hause zu bringen. Außerdem war die Familie von Verna und Seckendorff Großgrundbesitzer in Rüsselsheim. Zahllose kleinbäuerliche Unternehmen bezogen für lange Zeit die Grundlagen ihrer wirtschaftlichen Existenz aus dem Landgut; bis sie bei Opel Brot und Arbeit fanden.“

Was wäre Rüsselsheim heute ohne den schönen Stadtpark und das bis 1952 als Rathaus, später Polizeistation – und bis heute ist die Verwaltung des Ordnungsamtes untergebracht – das Palais oder Villa Verna?

2019:

„Schon lange stell‘ ich mir die Frage ob ich es noch einmal wage, den gleichen Vorschlag wieder machen bestimmt bring ein’ge ich zum Lachen. Freifrau von Verna – mein Vorschlag gilt – vielleicht sie beim 3. Mal gewinnt. Ob Weinfest, Weihnachts-Künstlermarkt, allen hat’s dort Spaß gemacht. Ein Kleinod mitten in der Stadt das ganze Jahr der Verna-Park!“

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